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Kaffeefahrt mit Firma G.Zwei Busse voller HauptgewinnerErlebnisbericht einer Kaffeefahrt am Freitag, dem 10.3.2000 |
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»Herzlichen Glückwunsch! Wie versprochen lädt Haushaltwaren – Großhandel G. Sie hiermit offiziell ein, Ihren Hauptgewinn in unserer neuen Zweigstelle abzuholen«. Am 10.3.2000 um 6.50 Uhr warteten ein dutzend Hauptgewinner nebst Angehörigen auf den versprochenen »modernen Reisebus«. Die Begrüßung durch den Busfahrer des betagten Fahrzeuges war schon bezeichnend genug: er sei nur der Fahrer und der Bus für diesen Einsatz gemietet, seine Firma oder er seien in keiner Weise »Kumpan« der Veranstalter. Das Reiseziel sei zum jetzigen Zeitpunkt noch unbekannt. In Frage kämen Braunschweig, Ziesar und noch ein dritter Ort in Sachsen. Man werde, wenn alle Treffpunkte angefahren seien, das Unternehmen telephonisch von der erreichten Teilnehmerzahl unterrichten. Dieses entscheide dann, wo es letztendlich hingehen solle. Man müsse 18,99 DM zahlen, wer dazu nicht bereit sei, werde nicht mitgenommen. Es habe in der Vergangenheit immer wieder Unklarheiten mit dem Betrag gegeben, also 18,99 DM, ansonsten könne man ja wieder aussteigen. Dann ging es zu weiteren Zusteigepunkten, wo noch mehr Reiselustige aufgenommen wurden. Insgesamt waren zwei Busse im Einsatz, die - so stellte sich später heraus - immerhin 75 Leute, alle aus Berlin-Treptow, einsammelten. Nachdem alle Haltepunkte abgefahren waren, ging es auf die Autobahn. Erster Halt: Autobahntankstelle Waltersdorf. Dort wurde der Fahrpreis kassiert. Wer jetzt nicht mehr mitgewollt hätte, würde wohl ein kleines Problem mit dem Heimreise haben. Man möge bitte passend zahlen hieß es, und dabei wurde nach Möglichkeit eher kein Wechselgeld herausgegeben, so daß viele Teilnehmer den Preis notgedrungen auf 20 DM/Person aufrundeten. Angaben über das zeitliche Ende der Veranstaltung könne man nicht machen, das schwanke immer stark. Zwischen 15.30 Uhr und 19.00 Uhr sei alles möglich. Dann ging es über den südlichen Berliner Ring auf die
A2 bis Ziesar. Die Autobahn wurde bei der gleichnamigen Abfahrt in Richtung
Ziesar verlassen. Kurz vor dem Ortseingangschild rechts befindet sich die
Gaststätte »Ambiente«. Sie hat einen recht großen,
hallenförmigen Saal - an eine alte DDR-Turnhalle erinnernd - mit Bühne,
der für die folgenden Stunden dann Schauplatz der Verkaufsveranstaltung
wurde. |
Zunächst einmal wurden die Gäste zum Frühstück eingeladen. Zwar war in der Anlage zur Gewinnbenachrichtigung, von der die Anmeldekarte abzutrennen war, von einem Buffet die Rede und auf dem bunten Bildchen war eine üppige gedeckte Tafel abgebildet, doch hier gab es nur ein hartgekochtes Ei, das sogar einigen Teilnehmern mangels einer ausreichenden Anzahl Eierbecher in einem Schnapsglas serviert wurde, ein Brötchen, die eine Hälfte mit Salami belegt, die andere Hälfte mit Aufschnitt, mit einem Paprikastreifchen dekoriert. Dazu gab es eine kleine Tasse dünnen Kaffees, wahlweise auch Tee. Auf einem Tisch links hinten am Fenster war eine traurige Kollektion billigster asiatischer Geräte lieblos abgelegt, die lediglich durch äußerst geringe Preisschildchen auffielen. Bohrmaschine, Akkubohrschrauber, eine kleine Friteuse, ein sehr kleiner Steckschlüsselsatz, ein häßliches rotes Stofftier, ca. 25cm groß, Kaffeemaschine und noch ca. 2 andere Geräte, alle mit Preisschildern zwischen 5,-- DM und 20,-- DM versehen. Am teuersten war ein billig aussehendes goldfarbiges Uhrenset mit einem 30,-- Schild. Die Angebote auf dem Tischchen wurde von den Kaffeefahrern mißtrauisch beäugt. Trotz vielleicht zweifelhafter Qualität konnte bei den Preisen nicht wirklich von einem schlechten Angebot die Rede sein. Rechts neben dem Tischchen stand ein rotes Mountainbike, dasimmerhin einen mäßig hochwertigen Eindruck machte (Marktwert schätzungsweise 500-600 DM). Das Mountainbike hob die Laune der Reisenden wieder. Schließlich waren - wie man später erfahren sollte - über die Hälfte der Teilnehmer »Hauptgewinner« eines von der Firma G. veranstalteten Eröffungsgewinnspiels anläßlich der Eröffnung der Niederlassung Nauen dieser Firma. In der Gewinnspielausschreibung waren als »101 Hauptgewinne« Fahrräder angegeben, die dazu gehörende Abbildung war mit »Wertpreis 799,- DM« überdruckt. Weiterhin gab es 501 Gewinne: Staubsauger »Wertpreis 449,- DM« und für alle Teilnehmer als Trostpreis einen Messerblock »Wertpreis 99,- DM«. Später stellte sich heraus, daß es ca. 40 Hauptgewinner gab, die übrigen waren mitreisende Angehörige. Dann begann die Vorführung. Jemand, der sich als »Karsten
Müller«, verheiratet, 2 Kinder, 31 Jahre alt, Ostfriese vorstellte,
eröffnete die Veranstaltung. Man solle ihn einfach »Karsten«
nennen. Man sei hier nicht bei einer der übliche Kaffeefahrten. Vielmehr
wolle die Firma G. hier nur ihre Produkte präsentieren. Bestellen könne
man später von zu Hause aus, man bekäme später einen Katalog,
es ginge hier nur darum, die Waren vorzustellen. Auch die hinten auf dem
Tischen am Fenster aufgebauten Waren gäbe es heute nicht zu kaufen,
aber man könne sie »aus dem Katalog bestellen«. Die Präsentation begann mit einem 36-teiligen Edelstahltopfset. In den folgenden ca. 40 Minuten wurden Töpfe, Deckel, Griffe, Deckelthermometer, Distanzringe und sonstiges Zubehör erklärt. Dabei fehlte es nicht an Ausflügen zu anderen Topfherstellern (wie WMF), anderen Kaffeefahrtanbietern (wie FFO), von denen man sich (natürlich positiv) unterscheide, und einer kurzen Einführung in das Geschäftssystem von Tupperware (mit positiven Tenor). Das Topfset würde 899,-- DM kosten. Ein anwesendes Ehepaar erklärte, sie hätten ja schon ein vergleichbares Topfset, wofür sie aber ca. 4.000 DM bezahlt hätten. Rein zufällig saßen die beiden an der Vorderseite des mittelsten Tisches und damit »Karsten« am nächsten. Die Töpfe wurden sodann auch nicht verkauft. Man habe sie hier nur vorstellen wollen. Man könne ja nicht mit einem LKW anfahren und die Topfsets mitbringen. Man könne das Set aber über den Katalog bestellen. Im Katalog gebe es auch die hinten auf dem Tischchen am Fenster ausgestellten Gegenstände. Eine Bohrmaschine, ein kleiner Steckschlüsselsatz, eine Friteuse und ein Uhrenset wurden an die Anwesenden verschenkt. Denn wer etwas nicht habe, könne es auch nicht beurteilen, erklärte »Karsten«. Sein Geschäftsprinzip beruhe auf den positiven Weiterempfehlungen von zufriedenen Kunden. Daher sei für die verschenkten Waren mit einem daraus resultierenden Umsatz aufgrund der Weiterempfehlung zu rechnen. Die Friteuse erhielt das Ehepaar vorne am Mitteltisch, die restlichen Geräte zufällig ausgewählte Kunden. Dann verkündete »Karsten«, er wolle 7 Topfsets unter den Anwesenden verschenken. An wen die gehen würden, wolle er sich selber aussuchen. Dies sei eine Form der Werbung, da geeignete Multiplikatoren, die das Produkt selbst benutzen würden, der Firma zu guten Umsätzen verhelfen würden. Nur wer ein Produkt kennen würde und es ausprobiert habe, dürfe sich ein Urteil darüber erlauben. Jetzt gäbe es eine Pause und danach wolle er noch ein zweites Produkt vorstellen. In der Pause konnte man das angepriesene Topfset in Augenschein
nehmen. In der Tat machten die Töpfe jedenfalls keinen offensichtlich
minderwertigen Eindruck, sondern den einer recht schweren, guten Qualität. |
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Kleine Pause | Nach der kleinen Pause wurde über ca. 1,5 Stunden das zweite Produkt
vorgestellt. Dazu gab es einen ausführlichen Vortrag, man tue ja viel
zu wenig für seine Gesundheit. Die Leute würden viel Geld für
Dauerwellen ausgeben. Die Ärzte würden sich nicht mehr richtig
um die Patienten kümmern und nur unnötige Pillen verschreiben.
Heilpraktiker seinen teuer, aber würden sich wenigstens um die Menschen
bemühen. Seine Gesundheit müsse man sich schon etwas kosten lassen.
Dann wurde das Buch »Herzwunder Coenzym Q10« vorgestellt und
zitiert. Dabei handelte es sich um eine ältere Ausgabe mit deutlichen
Benutzungsspuren. Einige Seiten waren mit Reitern markiert und Textteile
mit einem grünen Marker angestrichen. Das Buch hätten 500 (in Worten:
fünfhundert [!]) Professoren geschrieben und es beruhe auf Erfahrungen
mit 2.500 Patienten.
Dann wurde ausgiebig der altersbedingte Leistungsabbau zitiert, der einzeln genannte Organe zu soundsoviel Prozent betreffe. Dagegen helfe Q10, die 500 Professoren hätten festgestellt, daß es gegen Herzprobleme, Übergewicht, nächtliche Wadenkrämpfe, Schwindelgefühle u.s.w. helfe. Es sei ein wichtiger Stoff im Zellstoffwechsel und es gäbe im Alter einen Q10-Mangel. Aus dem Buch wurde eine Tabelle zitiert, wonach es bei 74% der Patienten Verbesserungen gegeben habe. Anschließend wurden genau diese Zahlen jedoch so interpretiert, daß durch Q10 der alterbedingte Leistungsabfall von 54% der ursprünglichen Leistung wieder auf 74% der ursprünglichen Leistung angehoben werde. Q10 sei jedoch kein Medikament, sondern eine Nahrungsergänzung, daher würde es von den Kassen nicht bezahlt. Man dürfe auch keine Wunder erwarten, die gäbe es nicht. Aber es käme ja darauf an, daß man sich besser fühle und er nehme das Mittel schon seit eineinhalb Jahren und fühle sich dadurch deutlich besser. Zwischendurch wurden 3 weiße Styroporkartons aufgebaut. Jeder enthielt 30 Ampullen mit einer roten Flüssigkeit und in der Mitte eine Plastikdose. Sie war groß mit Q10 beschriftet. Die Einnahme des Mittels wurde demonstriert. Die Ampullen mit der roten Flüssigkeit, so wurde erklärt, enthielten Vitamine und Mineralstoffe, die einzeln genannt und erläutert wurden, jedoch ohne Angaben über Menge oder Konzentration zu machen. In der Plastikdose befänden sich kleine Gelkapseln, die je 10mg Q10 enthielten. Dies hätte den Vorteil, daß man das Mittel schlucken oder kauen könne. Die Einnahme einer Gelkapsel wurde ebenfalls demonstriert. In den USA koste, so wurde behauptet, das Q10 1000$ / g. Am Markt gebe es Wettbewerber, die ca. 1.400 DM für eine Q10-Kur nehmen würden. Das Ehepaar vorne in der Mitte bestätigte, man habe woanders eine Q10-Kur gekauft, etwa diesen Preis bezahlt und sei sehr zufrieden damit gewesen. Dann wurde erklärt, bei den anderen Angeboten gäbe es nur 10 mg Q10 pro Tag (eine Kapsel). Es wurde wieder aus dem obengenannten Buch zitiert, dort sei die Studie mit 20 mg Q10/Tag durchgeführt worden. Daher gäbe es bei »Karsten« auch die doppelte Menge Q10 pro Tag, eine Kapsel morgens, eine abends. Insgesamt gäbe es 90 Vitaminampullen und 120 Kapseln. Die Kur reiche für ein Jahr. Einen Monat lang solle man täglich morgens eine Vitaminampulle und eine Kapsel und Abends eine Kapsel einnehmen. Dann solle man drei Monate aussetzen. Dann wieder ein Monat Einnahme usw. Die Kur solle nach ca. 8 Jahren wiederholt werden. Es wurde ein »Q10-Zertifikat« präsentiert, daß
wie eine Urkunde aufgemacht war, unten stand als Preis ca. 2300 DM (gerundet).
So teuer werde es nicht, aber die Gesundheit müsse einem ja schließlich
auch etwas wert sein. Es solle keiner sagen, er brauche so etwas nicht. Wenn
er draußen 100 Pakete hinstellen würde, würden alleeins mitnehmen
und manche sogar 2. Und da man etwas, was man nicht kenne, nicht beurteilen
könne, würde es jetzt ein Angebot zum Sonderpreis geben. Das sei
aber nur für Leute, die wirklich etwas für ihre Gesundheit tun
wollten. Und daher würde er den Preis jetzt auch noch nicht verraten.
Wer daran teilnehmen wolle, solle sich von seinen Helfern ein Q10-Zertifikat
geben lassen. Diese hatten ca. 30 Q10-Zertifikate, von denen sie ca. 25 an
die Teilnehmer im Saal verteilten, schätzungsweise 5 Stück blieben
übrig. »Karsten« unterbrach dann die Verteilaktion mit dem
Tenor, man habe es nicht nötig, das den Leuten nachzuwerfen.
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Mittagspause | In der Mittagspause wurden wahlweise zwei Gerichte angeboten, jeweils
zum Preis von knapp 10 DM, der von den Teilnehmern selbst zu entrichten war.
Nach der Mittagspause war »Karsten« verschwunden. Insgesamt
ist sein Auftreten von guter Rhetorik und einer überzeugenden
Mimik und Gestik geprägt gewesen, die stellenweise schauspielerische
Qualitäten erreichte. Der Vortrag war intelligent, witzig und ausdrucksstark.
Die Topfpräsentation war sehr gelungen, die Q10-Präsentation stellenweise
etwas ermüdend, aber grundsätzlich der Zielgruppe wohl angemessen.
Es wurden viele durchaus zustimmungswürdige Grundaussagen in den Raum
gestellt, aus denen rhetorisch beeindruckend, aber logisch mangelhaft verkaufsfördernde
Folgerungen gezogen wurden. Nach der Mittagspause wurde erklärt, es
seien insgesamt 15 Q10-Kuren verkauft worden. Nach der Pause begann die Präsentation der »Kleinartikel«. Sie wurde von einem der zwei vorherigen Zertifikatverteiler durchgeführt, der sich nicht namentlich oder in sonstiger Weise vorstellte. Es wurde unverblümt ausgeführt, daß man ja schließlich die Unkosten der Fahrt zu decken habe und daher diejenigen, die keine Kunden wären (d.h. keine Q10-Kur erworben hätten), sich doch jetzt bitte schön »solidarisch« zeigen sollten und jetzt jeder wenigstens einen Kleinartikel erwerben solle. Schließlich habe man ja Kosten für Bus, Frühstück und Saal gehabt, die gedeckt werden müßten. Als erstes wurden Schuh-Gel-Einlagen mit Magneten angeboten. Diese würden über Teleshopping für 79 DM zuzüglich Versandkosten verkauft. Es wurde die angebliche Funktionsweise erklärt. Der Herr vorne in der Mitte erklärte, daß er bereits welche hätte und sehr zufrieden damit sei. Ein Paar wurde an einen der Teilnehmer verschenkt. Der Preis betrage keine 79, keine 70, keine 60, keine 50, keine 40, sondern nur 30 DM. Dazu gäbe es gratis »ein Geschenk aus dem Katalog« im Wert von 20 DM. Dabei wies der Verkäufer mit der ausgestreckten Hand in Richtung des Tischchens hinten und schaute auch in diese Richtung. Dann wurden die Einlagen an alle verteilt, die sich meldeten. Daß der Herr vorne in der Mitte auch welche haben wolle, zeige, so wurde erklärt, daß die Einlagen ihr Geld wert seien und wirklich gut seien, denn sonst würde er wohl kaum noch mal welche kaufen wollen. Nächster Kleinartikel war eine Waschpaste. Diese helfe gegen
z.B. Schmiere, Rost- und Rotweinflecken und bleiche den Stoff nicht aus.
Außerdem sei sie auch ein hervorragendes Anti- Beschlagmittel. Sie
verhindere das Beschlagen von Brillengläsern ebenso wie das von Autoscheiben.
Zur Demonstration der Reinigungswirkung habe man sich »Druckerschwärze«
besorgt. Dazu wurde eine 1 l Flasche präsentiert, die eine blaue Flüssigkeit
enthielt, die sehr nach üblicher blauer Tinte aussah, vielleicht etwas
dünnflüssiger. Der Helfer brachte eine durchscheinende Schüssel
mit klarer Flüssigkeit, angeblich Wasser, was der Herr vorne in der
Mitte nach überaus vorsichtiger Prüfung bestätigte. Bei dem nächsten Angebot handelte es sich um ein Parfüm, daß der Verkäufer aus Italien mitgebracht habe. Es wurde bei der Frau des Herrn vorne in der Mitte getestet, die sich positiv äußerte. Eine solche Menge Parfüm koste üblicherweise 100 DM, da es aber das letzte sei, was man noch habe, werde es für nicht 100, nicht 90 u.s.w., sondern für nur 20 DM verkauft. Dazu gäbe es wieder ein Geschenk (Geste) aus dem Katalog. Da kaum jemand etwas wollte, wurde es dann noch mal für 15 DM angeboten, trotzdem mit sehr geringem Erfolg. Letztes ‚Kleinprodukt‘ war ein Mikrofasertuch. Das Produkt wurde ausführlich erklärt. So ein Tuch habe bei Markteinführung 35 DM gekostet. Heute gäbe es das nicht für 35, 30, 20, 19, 18, ...,12, 11, 9.50, 8, 7,... 3, 2 DM. Und dazu noch ein Geschenk. Wer eins haben wolle, solle sich melden. Es wurden sehr viele Tücher verteilt. Dann erklärte der Verkäufer, er hoffe doch, daß die Anwesenden Spaß verstünden und fragte den Herrn vorne in der Mitte, welchen Preis er ausgelassen habe. Dieser antwortete: 10 DM. Der Verkäufer sagte, ja, der Preis für das Mikrofasertuch sei 9,90 DM. Der Verkäufer und sein Mitarbeiter gingen nun herum und kassierten für die ausgeteilten Produkte, die vor den Leuten auf den Tischen lagen. Die Beträge wurden ggf. gerundet. Wenn sich die Kunden es anders überlegt hatten, wurde sehr unwirsch, unfreundlich und heftig reagiert. Anschließend wurden die »Geschenke« verteilt.
Wer das Mikrofasertuch erworben hatte, bekam einen kleinen, billigen Fächer
dazu, für die Waschpaste gab es ein kleines Stofftier (ca. 7 cm) dazu
und die Gel-Einlagen-Erwerber wurden mit dem unverkäuflichen Parfüm
beglückt. Dabei gab es etwas Aufruhr im Saal, weil einige der Käufer
wohl erwartet hatten, daß sie als Zugabe einen der Artikel von dem
kleinen Tischchen am Fenster bekommen würden. Dieser Eindruck war m.E.
zutreffend aus dem Kontext und der Gestik bei der Ankündigung der Zugaben
entstanden. Nach einer kurzen, etwas lauten Diskussion im hinteren Teil des
Saales eilte der Verkäufer wieder nach vorne und erklärte Kraft
seines Mikrofons, daß die Zugaben von diesem Tischchen stammen würden
hätte er nicht gesagt, sondern er habe von einem Artikel aus dem Katalog
gesprochen, dies habe er auch gehalten. Da der verärgerte Kunde noch
immer keine Ruhe gab, brüllt er ihn mit den Worten »Ja Sie haben
Recht und ich meine Ruhe« nieder. Damit war die Angelegenheit dann
offenbar erledigt. Jetzt stand die Einlösung des Gewinns für die »Hauptgewinner« auf der Tagesordnung. Dazu wurden zuvor die Anschreiben mit den Abfahrtsterminen eingesammelt. Anschließend wurde offenbar jeder, der ein Anschreiben abgegeben hatte, zum Gewinner einer Reise gemäß eines ausgeteilten bunten Zettels erklärt. Dabei konnte man entweder zu einem feststehenden Termin in den Schwarzwald fahren (angeblicher Wert laut Vorderseite des bunten Zettels ca. 500 DM) oder im September nach Italien (angeblicher Wert laut Rückseite des bunten Zettels etwas über 800 DM). Jedoch – so erklärte der anonyme Verkäufer - habe der Gesetzgeber Sicherungsscheine zur Pflicht erklärt, damit der Rücktransport gesichert sei. Dann wurde die Erklärung unklar, ob es sich nun um diesen Sicherungsschein oder um eine Reiserücktrittsversicherung handeln solle, jedenfalls müsse man die Versicherung – eine Person 40 DM, zwei Personen 60 DM- selbst zahlen. Selber zahlen müsse man auch Einzelzimmerzuschläge oder einen mitreisenden Partner. An die »Hauptgewinner« wurden Phantasie- Formulare ausgegeben, die mit »Nur zur Verrechnung dieses Voucher mit MTF – Berlin – Zentrale B.S.« überschrieben waren, sonst aber einem Verrechnungsscheck nachgebildet waren und mit einer vorgedruckten unleserlichen Unterschrift versehen waren. Im übrigen ließen sie keinen Aussteller erkennen. Als Zugabe für die Reisebucher gäbe es ein vierteiliges ‚Falt- Kofferset‘, wobei allerdings eine Art Kulturbeutel und ein kleines Täschchen als Koffer voll mitgezählt wurden. Die ‚Koffer‘ machten einen sehr billigen Eindruck und bestanden aus dünnwandigen, plasteähnlichen Material. Gegen Einreichung des Phantasie-Formulars konnten die »Hauptgewinner« Reiseverträge abschließen, bei denen entweder durch Einzelzimmerzuschläge und Versicherung oder Kosten für den Partner und Versicherung etwas mehr als die Hälfte der oben genannten Reisepreise pro Person zu entrichten waren. Eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung war auf dem Formular enthalten, und wurde bei Vertragsabschluß mit den Worten »Unterschreiben sie bitte hier und hier« gewürdigt. Danach wurde eine Person beglückwünscht, daß sie das Fahrrad gewonnen habe. Erstaunlicherweise war es nicht der Herr vorne in der Mitte. Die Person konnte das Fahrrad jedoch nicht gleich mitnehmen, es werde später geliefert. Damit war das Ende der Veranstaltung erreicht. Die Präsentkörbe
erhalte man im Bus gegen Rückgabe der ausgefüllten Karte mit dem
Gewinnspiel und den Marketingdaten, hieß es. Die Karte sei auch Voraussetzung
für die Zusendung des Kataloges der Firma G. Im Bus bekam jeder Teilnehmer
eine EDEKA-Tüte in die Hand gedrückt, die eine 750 ml Flasche billigen
Apfelcidre (kein Sekt), eine 500g Packung deutsche Spaghetti, eine 850g Dose
Linsen und eine 400g Dose Schmalzfleisch enthielt. Dies sollten wohl die
»2500 g italienische Spezialitäten im Tragekorb« aus der
Reisebeschreibung sein. Die von »Karsten« versprochenen 7 Topfsets
für ausgesuchte Teilnehmer der Reise wurden nicht mehr erwähnt.
Dann wurden die Gewinnspielkarten eingesammelt. Glücklicherweise konnte
man auf die Abgabe der Karte auch verzichten. Die Rückfahrt nach Berlin verlief im zunehmend dichter werdenden
Freitagnachmittagsverkehr ohne weitere Zwischenfälle. Anfangs waren
die Stimmung etwas gedrückt, doch dann erholten sich die Teilnehmer
langsam wieder. Beim Aussteigen überwog die Freude, bald wieder zu Hause
zu sein. |
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